Netzteile: Was kommt morgen?

Dieser Artikel erarbeitet aus der Historie der Netzteile eine Zukunftsvision. Sie lernen, wieso Effizienz wichtig ist, was die Lebensdauer von Netzteilen beeinflusst und wie Software Defined Power es ermöglicht Entwicklungskosten einzusparen.

Was sind Netzteile?

Netzteile wandeln die ungeregelten Spannung des Netzes in eine verbraucherspezifische Form um. Typischerweise ist dies eine Spannung, kann aber bei LED Treibern auch Strom sein. Einige Nischen erfordern einen Hochfrequenzausgang um Mikrowellen auszusenden.

Die Geschichte der Netzteile

Ursprünglich war ein Netzteil ein Eisenkerntrafo mit Brückengleichrichter. Anfänglich wurden dazu Röhrengleichrichter (ab ~1920) genutzt, die dann durch Selen, Gallium und schlussendlich Siliziumdioden (ab ~1960) ersetzt wurden.

Netzteile wurden nach und nach (im Consumer-Bereich in den 2000er-Jahren) deutlich kompakter gestaltet, indem Netzteile, nicht mehr auf 50Hz-Trafos basierten, sondern Hochfrequenztransformatoren nutzen. Möglich wurde dies durch Transistoren, die hohe Schaltspannungen zuließen. Die neuen Schaltfrequenzen im 100kHz ermöglichten deutlich kompaktere Netzteile. Gleichzeitig schritt die Integration deutlich voran. Zuerst wurden Regelungen nur mit Operationsverstärkern aufgebaut. Nach und nach integrierten Halbleiterhersteller die Technologie in ICs. Dieser Trend wird sich in der Zukunft auch weiter fortführen.

Auch wird sich die Digitaltechnik weiter durchsetzen. Erste Halbleiterhersteller bieten hier bereits digitale Flyback-Controller an. Aktuell fehlt diesen aber noch die Rechenkapazität.

Die Innovationstreiber.

Innovationen bei Schaltnetzteilen basierten die letzten Jahren zu 80 % auf Fortschritten in der Halbleitertechnik. Zum einen die Integration mittels Halbleiter. So gibt es ICs, die die sekundärseitige Gleichrichtung mit Lov-Voltage-Mosfets erlauben. Der Dioden-Spannungsabfall von 0.7V kann deutlich reduziert werden. Aber auch SiC und GaN-Netzteile werden vor allem durch ihre verbesserten Bauteilcharakteristik ihren Beitrag leisten. Schnellere Schaltfrequenzen, im MHz-Bereich, werden Netzteile nochmals schrumpfen lassen. Auch super-kompakte Netzteile auf GaN Basis werden zukünftig im Consumerberiech aufzufinden sein.

Auch bietet die Digitalisierung, insbesondere dass Mikrocontroller mit hoher Rechenleistung für wenige Euro’s erhältlich sind, neue Chancen. Dem Anwender bietet das die bessere Zugänglichkeit der Daten. Der Entwickler kann die Messgrößen nutzen, um performantere Regelungen aufzubauen.

Aber auch auf schaltungstechnischer Basis gibt es Innovationen. Mittlerweile gibt es auch Topologien die auf den Netzgleichrichter verzichten. Oder Resonant-schaltende Topologien vermeiden Schaltverluste. Neue Technologien erlauben es auch, einfach bidirektionale Netzteile aufzubauen.

Effizienz – (K)Ein Gütekriterium für Langlebigkeit?

Auch die Umwandlungseffizienz AC-DC wurde deutlich besser. Anfängliche Wirkungsgrade stiegen von 60 % auf Werte von mittlerweile typischen 95 %. Aber was bringt nun die Effizienz? Reduzierte Stromkosten natürlich, CO2 Einsparung: selbstverständlich. Aber der wesentliche Vorteil für den Anwender ist, das weniger Wärme entsteht: Wärme die nicht entsteht, muss auch nicht abgeführt werden. Aber wieso ist denn das wichtig? Denn je wärmer ein Netzteil, desto geringer seine Lebensdauer. Daher wurde früher oft die Effizienz als Gütekriterium für Langlebigkeit genutzt. Dies ist aber zu einfach gedacht. Besonders sensibel sind hier die Elektrolytkondensatoren. Zwar gibt es unterschiedliche Güteklassen, jedoch verantworten sie noch einer Vielzahl von Geräteausfällen. Die Puls GmbH in München, ein Hutschienennetzeilhersteller, zeigt in einer Application Note bereits 2012, dass der Elko bei Ihren Netzteilen eine häufige Ausfallursache ist. Dazu wurde ein spezielles Kühlungskonzept entwickelt, um diesen Nachteil zu reduzieren [1]. Mit genauen Lebensdaueraussagen halten sich die meisten Netzteilhersteller jedoch bedeckt.

Daher ist es naheliegend, den Nachteil „Elko“ rauszuoptimieren. Moderne digitale Regelungstechnik erlaubt hier, Netzteile nur auf Basis von Folienkondensatoren aufzubauen. Dazu hat das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) einen speziellen Regelungstechnik-Algorithmus vorgestellt [2].

Die Digitalisierung als Möglichmacher

Ein weiterer Megatrend wird sein, vermehrt Daten aufzunehmen und diese auszuwerten. Erste große Hersteller haben diesen Technologietrend bereits aufgegriffen und möchten so durch die Nutzung der Daten den Anwendern neue Einsichten geben. Als Beispiel sei hier die ProTop Stromversorgungen der Firma Weidmüller genannt [3]. Jedoch bieten auch viele weitere Hersteller diese ähnliche Technologien an. Naheliegend ist es nun, Algorythmen zu entwickeln um diese Daten zu nutzen und automatisiert auszuwerten.

Doch bei diesem Punkt sollte man noch nicht aufhören, sondern Anfangen. Durch die Nutzung von Prozessoren können auch gut hochdynamische Regelungen aufgebaut werden. Naheliegend ist es daher, Analoge Regelschleifen nicht digital nachzuarmen sondern explizit digitale Regelungen zu nutzen. So kann man Loop-Shaping benutzen um das genaue Systemverhalten zu designen und die Eigenwerte der Regelung vorzugeben. Man kann durch genaue Systemkompetenz für anspruchsvolle Anwendungen Eigenwertsregeler aufbauen, die hochdynamische Sprungantworten ermöglichen. Anstiegszeiten im <<1mSec sind möglich.

Die meisten Netzteile sind auch nur auf einen Arbeitspunkt optimiert. Hier können es digitale Netzteile ermöglichen einen weiten Ausgangsbereich abzudecken. Zu beobachten ist dies aktuell schon bei Solarwechselrichtern, welche 98% Wirkungsgrad über einen weiten Lastbereich bieten.

Digital defined Power als Chance

Der Markt für Netzteile ist kostengetrieben. Daher wird es auch in der Zukunft wichtig sein, neue Technologien zu bezahlbaren Preisen anzubieten. Jedoch ist der Entwicklungs- und je nach Norm erforderliche Zertifizierungsaufwand beträchtlich. Naheliegend wäre es daher, eine Hardware als Grundausstattung zu bieten, die dann mittels Software angepasst werden kann. Ähnlich zu der Bauteilstrategie in der Automobilindustrie: Eine Komponente – Viele Möglichkeiten!

Beispielweise hat man eine Hardwareplattform mit einer AC-DC Einheit die sowohl Spannungs- als auch als Stromregler betrieben werden kann. Einerseits könnte ein Netzteil als Hutschienen-Netzteil, anderseits aber auch als LED-Treiber eingesetzt werden. So können eine Vielzahl an Lösungen auf Basis einer gemeinsamen Hardwareplattform abgedeckt werden.

Halbleiter als strategische Komponente

Zukünftig werden auch neue Prozessorgenerationen wie RISC-V viele Möglichkeiten bieten, noch mehr Rechenpower zu günstigen Konditionen zu erlangen. Bereits jetzt hat jetzt hat ein moderner MCU mehr Rechenpower als mein erster Computer. Von daher können wir die nächsten Jahre viele spannende Innovationen erwarten. Eventuell gibt es bald MCUs mit integriertem Gate-Treiber?

Alternativ ist es denkbar, dass Volumenhersteller von Netzteilen eigene ICs entwickeln. Hier gibt es Bewegungen wie OpenRoad, die es ermöglichen werden, auch kleinere Stückzahlen wirtschaftlich umzusetzten.

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